Hoffnungsgeschichten gegen Zukunftsangst

«Last generation!» So bezeichnet, fühlen sich manch junge Menschen in Europa. «Wir sind die Letzten und nach uns ist Schluss!», die apokalyptische Botschaft zwischen den Zeilen. Mich erschreckt das. Wir denken da an junge nervende Leute, die sich letztes Jahr auf den Asphalt geklebt haben. Der Gedanke greift zu kurz. Es ist beileibe nicht bloss diese kleine Gruppe.

Ich lese, dass (gut gebildete) junge Frauen sich bewusst gegen den Kinderwunsch entscheiden. Und weiter: «Krampfen und sparen – wozu?! Ein Eigenheim ist eh eine Illusion. Pflücken wir lieber den Tag – die Zukunft liegt hinter uns.»

Ich nehme zur Kenntnis, dass über 20 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Westeuropa mit psychischen Problemen und Energielosigkeit zu kämpfen haben. Diese Befindlichkeit nicht weniger Menschen unter 30 Jahren ist real.

Eine Schuldzuweisung – als Weich-eier oder Opfer von Kuschelpädagogik – finde ich daneben. Wir (Alten) haben sie erzogen und unterrichtet, sie zu dem gemacht, was sie sind und tragen die Verantwortung!

Seit Jahren werden junge Menschen von uns mit Botschaften und Sätzen geflutet wie: «Wir hatten es ja gut – es wird kaum möglich sein, diesen Wohlstand für Euch zu erhalten!» – «Ihr werdet mal keine AHV und Rente mehr haben.» – «Eine Zehnmillionenschweiz und die Migration werden Euch erdrücken.» – oder «Unsere Demokratie ist bedroht, wird zu einer Gerontokratie, wenn nicht sowieso autoritäre Führer sie bald aushebeln.» – und so weiter.

Das kann nicht spurlos an jungen Menschen vorübergehen. Negative Botschaften bleiben haften und richten in vielen Kinderund Jugendseelen Schaden an. Wir sind es, die mit Schlagzeilen und Sprüchen unsern eigenen Jungen ihre Zukunft schlechtschwatzen und den Teufel an die Wand malen. Ich war zwischen 1975 und 1990 jung. Meine, unsere Grundbefindlichkeit damals war hoffnungsvoll, trotz Tschernobyl und Schweizerhalle.

Kürzlich waren wir bei einem Zukunftsforscher zu Gast. Dieser hat darauf hingewiesen, dass unserer Zeit die kollektiven Hoffnungsgeschichten völlig abhandengekommen sind: Menschen brauchen positive Visionen und Träume! Recht hat er. Ich dachte an die vielen biblischen Hoffnungsgeschichten, die heute von vielen nur noch mitleidig belächelt werden. Und an die Tatsache, dass in der Bibel 365 Mal ein «Fürchte Dich nicht!» steht – ein kurzer Mutmacher für jeden Tag des Jahres. Ich dachte auch an die Aufbruchstimmung unserer Grosseltern nach dem grossen Krieg.

Menschen beispielsweise in Gaza und der Ukraine haben aktuell keine Perspektiven. Wir aber leben in einem der schönsten, erfolgreichsten und privilegiertesten Länder der Welt. Wieso sollte das keinen Bestand haben, wenn wir uns darum sorgen?

Wenn es sich irgendwo auf diesem Planeten lohnt zu leben, zu hoffen, zu arbeiten, dann in der Schweiz. Was geben Sie Ihren Kindern und Enkeln für Hoffnungsbilder und Geschichten mit auf den Weg?

Matthias Plattner wurde 1962 geboren und ist Pfarrer der Reformierten Kirchgemeinde Sissach-Böckten-Diepflingen-Itingen-Thürnen.

MEINE WELT

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